T O U R B L O G

Tour di pensionamento

02. Sep 2023

Tag 12 Carviano

Seit Tagen stehe ich endlich wieder einmal ohne extreme Kreuzschmerzen auf, die harte Matratze war ein Segen. Weniger schön war der Eindruck, dass die Bettwäsche nicht ganz frisch war, aber auch dafür habe ich ja vorgesorgt und einen seidenähnlichen Schlafsack mitgenommen - irgendwo müssen ja meine 35kg Gepäck herkommen ;-) Das Frühstück war wieder hervorragend, es gab verschiedene homemade Kuchen, aber morgens ist das nicht das Meine, ich bevorzuge klassisch Ei (hier immer hartgekocht) Schinken, Käse und Brot und zum Abschluss etwas Marmelade aufs Brot. Nachdem ich das Rad ja im Zimmer hatte und schon vor dem Frühstück abfahrbereit aufgepackt war, ging es um 8 Uhr los. Morgens ist es noch kühl, so um 16, 17 Grad, aber schon bald wärmt die Sonne und die Jacke kann weg. Es geht sehr lange leicht ansteigend auf gepflegten Radwegen dahin, es sind viele Radfahrer in Gruppen unterwegs. In der Ferne tauchen schon die Berge auf, die es heute zu bezwingen gilt. Nach einer Stunde schickt mich das Navi auf einen Trail, da wird es dann ganz schön holprig, sprichwörtlich über Stock und Stein. Dann ist der Trail zu Ende, ich komme aus dem Wald auf eine Straße, und schon beginnt es zu steigen, ich bin am Apennin angekommen. Als Vorgeschmack zeigt eine Tafel eine Steigung von 18% nach der nächsten Kurve. Juiii, das fährt ins Bein, Kurve um Kurve steil bergan, es nimmt kein Ende. Mein Puls ist bedenklich hoch, ich muss meinen Rhythmus finden, sonst gehe ich ein. Jetzt spüre ich mein 35kg Gepäck, das nach hinten zu ziehen scheint, und ich schwitze, das Wasser steht auf der Haut. Radfahrer mit ihren ultraleichten Rennrädern und ohne Gepäck überholen mich spielend, ohne motorische Unterstützung wäre meine Tour spätestens hier zu Ende, so ehrlich muss ich sein. Ich hänge mich an zwei weniger flotte Radler an und lasse mich von ihnen mental den Berg hochziehen. Es geht gut, mein Puls normalisiert sich wieder. Nach 45km in Zocca angekommen zeigt mein Display eine Restreichweite von 1km. Ich mache in einer Bar Pause, esse ein Panino und frage ob ich hier den Akku aufladen darf. No problem sagt der freundliche Wirt, bei einer anderen Bar zuvor hat man mich harsch abgewiesen. Ich trinke noch ein zweites Wasser, als ich nach 30 Minuten wieder weiterfahre, habe ich eine Reichweite von 8km gewonnen. Tja, da werde ich wohl doch bald den Akku wechseln müssen. Aber jetzt geht es erst mal bergab, was für eine Freude. Die Straße ist nicht breit und extrem kurvenreich, es sind neben den vielen Radfahrern, noch mehr Motorräder und Autos unterwegs, es heißt achtsam zu sein. Das Navi beschert mir noch zwei Umwege mit Steigung von jenseits 20%, und auch sonst prüft es heute wieder meine Geduld. Ich fahre auf Serpentinen dahin, und das Navi fordert mich auf bei nächster Gelegenheit rechts zu fahren, oder nach links zu fahren, es sind aber nur Kurven, es gibt gar keine andere Möglichkeit. Mehrmals muss ich stehenbleiben um zu überprüfen, ob vorgeschlagene Routenanpassungen, die das Navi immer mal vornimmt, einen Sinn ergeben. So werden schlussendlich aus den geplanten 65km halt 76km. Meine heutige Unterkunft, B&B Casa Torre liegt hoch über dem Städtchen Vergato, zu dem ich zuerst über eine ganz lange Abfahrt über unzählige Serpentinen runterfahre, um mich dann auf der anderen Talseite wieder hinaufzuarbeiten, es hat ja auch schon wieder 30 Grad hier. Nach langem Suchen stehe ich vor dem Turmhaus und werde von Maarten und Dominique, zwei Niederländer aus Holland, herzlich empfangen. Das Haus ist wirklich schön und super restauriert, die beiden leben seit 5 Jahren hier. Über eine Außen Treppe und zwei engen Innenwendeltreppen erreiche ich mein Zimmer, a room with a view, eine herrliche Aussicht auf das tief unten im Tal liegende Vergato. Maarten teilt mit mir zur Ankunft sein letztes Bier, und zusätzlich wurde ich von den beiden zum Abendessen eingeladen, darauf freue ich mich sehr :-) Morgen fahre ich weiter durch die Berge nach Pistoia, ca, 65km und einiges über 1000 Höhenmeter. By the way, mein guter Freund, der Mastermind des web, ohne den es diesen Blog nicht gäbe, hat heute Geburtstag, BUON COMPLEANNO CARO INGO :-)