Tag 20 Santa Marinella
Die Nacht war überraschend ruhig, wenn man von den dünnen Wänden und dem durchdringenden Schnarchen absieht. Das Frühstück molto Italiano, aber es gab sogar ein paar Blatt Preßschinken und ein paar Scheiben Edamer Käse, allerdings kein Brot wo man es drauf tun könnte. Als man meinen suchenden Blick bemerkte, brachte die Dame ein paar Scheiben dunkles Brot und entschuldigte sich dafür, dass es kein helles Brot war. Mir war es recht, schon lange kein Schwarzbrot mehr gehabt. Mit derselben Dame fällt mir noch eine Anekdote ein. Als ich gestern ankam, begrüßte mich diese Frau freundlich an der Rezeption. Wir entschuldigten und wechselseitig, sie für ihr bad english, und ich für mein cattivo italiano. Sodann konnten die Formalitäten erledigt werden. Sie wollte mir dann das Zimmer zeigen und sagte, „can I come with you in your bed“? Are you shure?, sagte ich mit einem Augenzwinkern ;-) Ein befreiendes Gelächter, als ihr bewusst wurde, was sie gesagt hatte.
Bei der Abfahrt vom Hotel wurde mir nochmals die Misere von gestern vor Augen geführt. Die Straße führte gleich hinter dem Hotel vorbei, und mündet genau in diese Straße hinauf in den Ort, somit bin ich diesen Weg zum dritten mal gefahren. Anyway, gestern ist Geschichte…. Mein Weg führt mich dann lange entlang dieser direkten Verbindungsstrasse nach Rom, die Via Aurelia. Ein Déjà-vu , starker Wind, Gegenwind. Ich habe mir heute bewusst eine kurze Strecke eingeplant, mit einem Hotel, close to the beach (so war auch die Beschreibung des gestrigen Hotels) aber laut Karte sollte es heute stimmen. Noch liegen 45km vor mir, es geht über Hügel hinauf und hinunter, immer mit Gegenwind. Ich plage mich einen weiteren Hügel hoch, bei der Abfahrt muss ich treten um nicht stehen zu bleiben. Aber es folgt auch die Belohnung meiner Mühen. Ich wechsle die Richtung auf eine laaange Gerade, mal leicht ansteigend, aber ich gleite dahin, ohne mein Zutun, so kräftig bläst der Wind von hinten in mein Segel, quasi Zweirad-Windsurfen :-) Aber zwei km sind nicht so lange und schnell vorbei. Ich biege in eine Schotterpiste ein, es geht Richtung Küste, das Land ist flach, abgeerntete Felder rundum. Teilweise Tomatenfelder, der Boden ist bedeckt mit abgefallenen und zermatschten Früchten. Auch dieser Weg wird schlechter, und ich hoffe nur, dass es keine reine Sandpiste wird, da kann ich mein Rad nicht einmal schieben. Es ist, besser gesagt war einmal ein asphaltierter Weg, der Asphalt löst sich aber immer mehr auf, bis die Fahrbahn nur noch aus Fragmenten und schwarzem Schotter besteht, nicht gut zu befahren. Ich sehe in der Ferne die Küste auftauchen und bald bin ich wieder auf normaler Straße unterwegs. Vor mir liegt die Hafenstadt Civitavecchia, ich sehe schon Hafenkräne. Zuvor durchfahre ich riesige Flächen mit tausenden abgestellten fabrikneuen Autos in Schutzverpackung, die offensichtlich auf ihre Verschiffung warten. Im Hafen liegen zwei Kreuzfahrtschiffe, deren Passagiere wahrscheinlich mit Bussen nach Rom gebracht werden. Der Ort selbst eignet sich nicht besonders für sight seeing. Ich fahre zum Hafen, auf der Suche nach einer Hafenkneipe. Reines Wunschdenken, so etwas gibt es nicht. Seit ich als junger Mann anfangs zwanzig zur See gefahren bin, üben Häfen eine magische Anziehungskraft auf mich aus, und ich muss Schifferl-schaun :-) Die große, weite Welt lockt mich zwar heute nicht mehr, aber etwas ist geblieben, - wie die Erinnerung an meine große Fahrt über den Atlantik, 11 Tage bei höchster Windstärke, die Karibik, der Panama Kanal, die Küste Südamerikas mit allen Staaten bis ganz hinunter nach Argentinien, die Anden, meine Typhus Erkrankung……. es hat mich wohl für´s Leben geprägt :-) Würde ich es wieder machen? Sicher, wenn ich wieder zwanzig wäre! Also Hafen abgehakt, nach Santa Marinella, mein heutiges Ziel ist es nicht mehr weit. Die Suche nach dem Hotel gelingt wieder mit Google ganz gut. Close tot he beach? Ja, mit dem Rad unter 5 Minuten, aber beach? Fehlanzeige. Also nicht das, was ich unter einem Badestrand erwartet habe. Die Strände hier am Tyrrhenischen Meer sind meist kleine Schotterbuchten, nichts ist wirklich gut erschlossen, und direkt dahinter verläuft die Bundesstraße! Die Infrastruktur ist mäßig, es gibt kaum Bars oder Restaurants, aber ich habe Hunger. Ein Lokal hat offen, ein Chinese.
Sei´s drum, Hunger sagt mein Magen. Ein sehr fortschrittliches digitales Bestellsystem an jedem Tisch, das aber vom Personal jedem Gast erklärt werden muss. Zum Glück findet sich am Bildschirm auch ein Button cibo italiano. Ich bestelle das obligatorische Bier und Wasser, und starte mit caprese. Am Tisch sind Essstäbchen und eine Gabel eingedeckt. Ich ersuche um Olivenöl, selbiges kommt in einem Plastikbeutel, wie bei uns das Ketchup. Dann hätte ich auch noch gerne ein Messer, wird später auch gebracht. Auch etwas Brot hätte ich gerne dazu, das ist schon schwieriger, Zwieback muss es auch tun ;-) Danach nehme ich gegrilltes Gemüse, auch nicht schlecht zubereitet, und schließlich noch Spaghetti pomodoro, alles zusammen für wohlfeile 23,50 den Hunger gestillt :-) Einmal muss ich im Meer gewesen sein, also gehe ich hinunter an den Strand. Das Wasser ist sehr warm, der Strand ohne Schatten ist unglaublich heiß, lange bleibe ich nicht. Hier jemals Badeurlaub zu machen, steht nicht auf meiner to do Liste! Das Hotel sieht nett aus, ist aber ein bei genauerem Hinsehen sehr herunter gekommen. Es gab wohl auch mal ein Restaurant, aber außer in der Rezeption ist hier niemand, ein Wasser habe ich freundlicherweise bekommen. Außer mir wohnen noch drei Afrikaner hier, die angeblich im Hafen arbeiten, weitere Gäste gibt es nicht. Es gibt auch einen Pool, aber die grüne Farbe des Wassers ist wenig einladend. Den Blogeintrag schreibe ich auf der Terasse, das Wlan ist sehr langsam, also wird es heute wahrscheinlich keine Bilder geben, ich hoffe auf ein besseres Netz in Rom :-)
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- Franz |
Gratuliere und meinen Respekt!
Morgen hast du es geschafft (50%) und unter teils argen Schmerzen durchgebissen, und erreichst ROM!
Ich leide mit dir, warte schon jeden Tag auf deine Schilderungen, und ziehe meinen Hut!
Enleve mon chapeau
LG ;-) |
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- bridget |
Brüderchen fein, trotz kleiner und größerer Schwierigkeiten bisher gut gelaufen, obwohl schon etwas über zwanzig; großartig!! Wünsche für morgen ein ebenso großartiges Gelingen! Liebe Grüße BS |
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- pa |
Es freut mich dass Du live dabei bist ?????? |
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- pa |
….. dass IHR live dabei seid :-) |
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- Sepp |
Hast du es also morgen schon geschafft. Alles Gute für deinen Einzug in Rom! |
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- Peter |
....würde Dir einen Lorbeerkranz auf Dein Haupt geben, Einzug in Rom - Ziel erreicht. Ein wahrscheinlich emotional schöner, bewegender Moment. Bewundere Dich vor allem für Dein Durchhalten. Genieße den Moment des Ankommens......
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- Karin |
Bravissimo Petzi, occi e fatto!!!
Kaum zu glauben, aber du hast es sozusagen geschafft und bella Roma wird dich hoofentlich würdig empfangen.
Ich ziehe meinen Hut aufjedenfall.
Geniesse deine Ankunft und gib dir dann nach dem Bierli den Song "Junge Römer".
den Sepp so toll gepostet hat . |
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- Helika |
Rispetto Peter ,wirklich beeindruckend.
Es ist ein Vergnügen für mich hier deine Erlebnisse zu lesen.
Ich weiß nicht ob du schon mal in Rom warst, aber ich hoffe du hast ein paar Tage Zeit...um auszuruhen und es gibt soviel schönes in dieser Stadt zu entdecken.
Ich denke, dieses Gefühl in Rom anzukommen wirst du niemals mehr vergessen.
Gute Fahrt weiterhin:-)!! |