Tag 31 Bologna
Aus dem geplanten Kurztrip sind dann doch wieder 75km geworden….
Ich hätte heute bis 7 Uhr schlafen können, bin aber schon vor 6 Uhr wach geworden, nachdem ich ohnehin nicht besonders gut geschlafen habe. Gestern habe ich noch im Bett den Blogbeitrag geschrieben, es ist ganz schön spät geworden.
Nach dem Frühstück, welches mir die beiden wieder liebevoll zubereitet haben, verabschiede ich mich, wir wünschen uns eine gute Reise, sie fahren ja auch morgen. Ich glaube, so spät wie heute bin ich noch gar nie weggefahren, aber es liegen ja gerade einmal 55 Kilometer vor mir. Dass die härtesten Kilometer meiner Reise dabei sein werden, wusste ich da noch nicht. Runter vom Berg, den ich gestern noch erklommen habe, es hat frische 17 Grad. Wenn es in den nächsten Tagen weiter hinunter geht mit der Temperatur, dann ist das warme Gewand, das ich bisher nicht gebraucht habe, doch nicht unnützer Ballast. Lieber wäre es mir, wenn ich es nicht brauche! Für fast 30 Kilometer bin ich heute aktiver Verkehrsteilnehmer auf dieser stark befahrenen Bundesstraße in Richtung Bologna. Ich habe in den letzten Wochen doch schon viele Kilometer unter erschwerten Bedingungen absolviert, aber heute wird es noch einmal so richtig hart. Es herrscht vor allem ein starker Schwerverkehr auf dieser Strecke, ein Radfahrer ist hier ein einziges Hindernis. Waren es bisher an stark befahrenen Straßen meist eher kurze Abschnitte, an denen es brenzlig wurde, so trifft es heute auf die ganze Strecke zu. Die Straße ist nicht breit genug, um gefahrlos überholt zu werden, und nach rechts bleibt mir kein Zentimeter Reserve. Mein Adrenalinspiegel muss astronomisch hoch sein, ich spüre nichts und gebe alles. Keine Spur mehr davon, dass die Beine am Morgen noch sehr schwer waren. Das ist auch der einzig positive Effekt dieser Sonderprüfung, keine Schmerzen und keine Zeit zum Nachdenken, nur pedalieren, was die Beine hergeben, um es möglichst schnell hinter sich zu bringen. Aber 30 Kilometer sind lang ….. Dann kommt ein Abschnitt, entlang eines schroffen Steilhangs. Links die Wand, rechts mannshohe Leitschienen, dazwischen zwei Fahrspuren und absolutes Überholverbot. Ich sehe im Rückspiegel, die Straße in meine Richtung ist frei, noch. Aber schon schieben sich die LKW´s von hinten an mich heran, ich kann nicht einmal stehen bleiben um sie passiere zu lassen, es geht einfach nicht. Ich spüre den Druck, der sich hinter mir aufbaut, ein Ende ist nicht in Sicht, ich versuche gelassen zu bleiben, keine leichte Übung ;-) Nachdem diese Straße ein Teil des Eurovelo 7 ist, scheint es auch links oder rechts der Straße keine Alternative zu geben. Nach diesen 30 Kilometern bin ich jedenfalls ko und brauche eine Pause. Und ein trockenes Shirt. Endlich eine ruhige Nebenstraße, gerne auch steil bergauf, nur nicht wieder zurück auf diese Piste. Brauche ich auch tatsächlich nicht mehr. Aber damit ist es für heute noch nicht ausgestanden. Nach einigen ruhigen Kilometern entlang eines Flusses, beendet eine Tafel mit absolutem Fahrverbot die Fahrfreude. Was tun? Nachdem ich ja schon schlechte Erfahrungen gemacht habe, zögere ich. Ich schaue auf die Karte, ich müsste als Alternative auf die Bundesstraße zurück, sicher nicht, also durch. Zuerst geht es eh ganz gut, es folgt eine Baustelle, die nicht besetzt ist, und ich freue mich, weil ich annehme, die Baustelle war die Ursache für das Fahrverbot. War sie aber nicht. Der Weg wir schlechter, immer schlechter. War es anfangs eine brettharte, ruppige Wegoberfläche, so folgt nun eine Art grober Kies, nicht einfach zu befahren. Dann folgt der Übergang auf Rollschotter, richtig grober, zum Glück nicht scharfkantige, sondern runde Steine, die natürlich nach allen Seiten nachgeben, wenn man darüberfährt. Das Schotterbett ist zudem tief, sodass ich auch immer wieder einsinke, nur nicht stehenbleibe, sonst komme ich da nie mehr wieder raus aus diesem Schlamassel. Irgendwann ist auch das zu Ende, ich atme auf, als ich wieder Asphalt unter den Reifen habe. Nur das Navi leitet mich schon auf die nächste Fahrverbotstafel zu. Nein sicher nicht, nicht noch einmal das Glück herausfordern. Dafür ist mein Rad mit diesem Gepäck ganz einfach nicht geeignet! Laut Navi kann Bologna nicht mehr weit sein, ich finde einen anderen Weg auf eine größere Straße, und bald schickt mich das Navi auf einen Radweg. So angenehm. Der Radweg durch eine Flusslandschaft, ähnlich unserem Radweg durch die Murauen, führt dann über eine schmale Brücke. Am Ender der Brücke sagt das Navi aber plötzlich, folge dem Single Trail. Nein, nicht schon wieder denke ich mit aufkeimendem Ärger, warum habe ich das bei der Planung übersehen! Ich frage Spaziergänger, possibile con bici, sie nicken, und ich fahre. Es geht über Wurzeln, über Stock und Stein, aber wenigstens eben dahin, da hatte ich es heute schon schlimmer! Irgendwann wird dann tatsächlich wieder ein Radweg daraus. Dieser Radweg zieht sich dann durch Vorstädte, quer durch Bologna, bis hin zu meinem Quartier am anderen Ende der Stadt. Extrem cool! Ich habe heute ein Apartment in einer Art Reihenhaus Anlage. Ebenerdig, eine kleine Veranda, Wohnküche, Bad und Schlafzimmer. Alles sehr sauber und wohnlich eingerichtet. Die Vermieterin lerne ich nicht kennen, wir kommunizieren über whats app, der Schlüssel ist im Schlüsseltresor deponiert. Ich nutze das Vorhandensein einer Waschmaschine. Währenddessen erkundige ich mich über Bologna, ob es lohnt, sich die Stadt anzusehen. Und es scheint sich zu lohnen, die Altstadt gilt als eine der schönsten von Italien, wow! Bologna hat mehrere Kilometer Arkadengänge in der City, die in das Unesco Weltkulturerbe aufgenommen wurden. Waschmaschine fertig, Wäsche aufgehängt, ich fahre in die City. Dauert mit dem Rad immerhin 36 Minuten. Auch jetzt wieder, Radwege. Bologna hat ein perfektes Radwegenetz, habe ich so noch nirgends gesehen. Zweispurig, und zumeist vom Fußgängerverkehr getrennt, man kommt richtig gut voran, egal in welche Richtung man möchte, echt vorbildlich! Die Stadt ist sehr groß, so auch die Innenstadt. Zu sehen gibt es wieder Kirchen, Türme, Palazzi (oder doch Palazzos?) enge Gassen, und Menschenmassen – und Autos, überall! Ich habe wie meist keinen Plan, und treibe einfach so durch die Gassen. Dass Bologna eine Universitätsstadt ist, lässt sich auch an der überaus großen Zahl von jungen Menschen erahnen, die Cafes und Bars sind alle gut besucht. Ich gehe in eine dieser Kirchen, am Eingang stehen bewaffnete Soldaten. Drinnen erweckt das Treiben eher den Besuch eines Museums, aber egal wie ich persönlich zu den sakralen Prunkbauten stehe, beeindruckend sind sie allemal. Für Kunstinteressierte und Kunstkenner, so stelle ich mir das vor, muss ja diese geballte Flut an Kunstschätzen in diesen italienischen Städten der totale Overkill sein. Ich hingegen muss nicht wissen wer was wann gebaut, gemalt, gebildhauert hat, ich lasse es einfach auf mich wirken und gehe dann wieder entspannt meiner Wege. Banause eben ;-) entspannt wird es dann doch nicht so ganz, ich habe wohl das Navi falsch programmiert, um zum Apartment zurückzufinden, denn es führt mich in der Richtung hinaus aus der Stadt, aus der ich heute ursprünglich gekommen bin. Bis ich es bemerke vergehen einige Kilometer, und so wurden aus geplanten 55 Kilometer schließlich 75 :-)
Bilder folgen bei besserem Internetz.......
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- bridget |
Da wahren wohl gleich mehrere Schutzengel im Einsatz …. |
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- pa |
si, grazie :-) |
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- Tani |
Guten Morgen Onkel Peter,
nun habe ich mal Zeit deinen Blog zu verfolgen! Wahnsinn, das liest sich ja wie ein Abenteuer-Roman! Wenn du zurück bist solltest du vielleicht ein Buch schreiben! Wäre an der einen oder anderen Herausforderung sicher schon gescheitert und hätte den Abschleppdienst angefordert ????
Halte durch! Wünsche dir noch viele tolle Erlebnisse! Hoffe du hast genug Magnesium und Notfalltropfen dabei! ????
Ich sponsere dir jedenfalls gerne einen Kamillentee und/oder……
Alles |
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- Tani |
Alles Gute weiterhin… |
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- Karin |
Buongiorno lieber Petzi,
du stellst dich wie immer allen Herausforderungen meisterlich.
Wenn ich mirr als leidenschaftliche Radfahrerin diese absolut brenzlige Situation nur vorstelle, eine Kolonne Autos hinter dem Rücken zu haben , steigt der Adrenalinspiegel schon ins Unermessliche.
Ebenfalls möchte ich behaupten dein Reisebericht ist sowas von spannend und von Beginn an dachte ich schon das wäre ein tolles Buch!!
LIieber Petz, alles Gute für deinen heutigen Tag, hoffentlich etwas entsp |
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- Karin |
...etwas entspannter , viele gute Wünsche mögen dich auf deinen Wegen begleiten . |
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- pa |
@ Tani, grazie mille, cara mia :-) |
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- pa |
@ Karin, ja, es gibt "spannende Momente" ;-) |