T O U R B L O G

Tour di pensionamento

23. Sep 2023

Tag 33 Albignasego

Im letzten Zimmer in Ferrara hatte ich ein echtes Einzelzimmer, das erste Mal überhaupt ein einzelnes Bett, ganz ungewöhnlich. Das Hotel selbst war auch außergewöhnlich, der Besitzer hat ein altes Fabriksgebäude zum Hotel umgebaut, gut gelungen. Weniger gut gelungen war das Frühstück für 7 Euro extra, es gab drei verschiedene Kuchen zur Auswahl, ich entschied mich für nr. 4, ein Croissant. Die Abfahrt gestaltet sich heute wieder einmal etwas mühsam, das Navi will einfach nicht. Ich muss vom abfahrbereit gepackten Rad den Laptop aus der Packtasche holen, zurück ins Hotel, ins Internet, die Tour neu laden, dann sollte alles laufen, hoffentlich. Es ist dann kurz vor neun, als ich endlich starte. Das Wetter ist gut, die Vorhersage auch, ich hoffe es hält. Für viele Kilometer folge ich dem Po, nachdem ich ihn über eine Brücke überquert habe. Das war gar nicht einfach, der Radweg über die Brücke war derart schmal, zwischen Brückenpfeilern und Brückengeländer hatte ich Mühe nicht links oder rechts anzuschlagen, wie eine Flipperkugel ;-) Wieder einmal fahre ich auf einem Damm, der als Hochwasserschutz errichtet wurde. Es geht gemütlich dahin, rechts der Auwald und dazwischen immer mal Sicht auf den Po, links das weite, ebene Land, und über mir ein wolkenloser, klarer blauer Himmel, die Sonne steigt langsam höher, so kann es lange dahin gehen. Geht es auch, gleich sind zwanzig Kilometer geschafft. Woran erkennt man in Italien, dass Wochenende ist? An den zahlreichen Radfahrern, die auch und vor allem außerhalb der Städte unterwegs sind. Viele grüßen mich mit einem lässig über die Straße geworfenen Salve oder Ciao und heben kurz die Hand vom Lenker, mache ich natürlich auch. Der Radweg entlang des Po ginge noch weiter, aber meine Tour führt mich weg vom Fluss, hinein in das flache Land. Teilweise gibt es weitere Radwege, zumeist fahre ich auf wenig befahrenen Straßen, bis ich Rovigo erreiche. Wieder eine Stadt mit einem historischen Zentrum. Es herrscht reges Treiben auf den Plätzen, die Bars sind gut besucht, es ist Samstag und das Wetter ist ideal, es ließe sich auch länger aushalten, aber nach eineigen Fotos fahre ich weiter. Mir fällt auf, dass sich die Architektur in den Orten, die ich durchquere, geändert hat. Keine Steinhäuser sind mehr zu sehen, Häuser in weiß oder bunt gestrichen dominieren das Bild. Hier ist auch weite Ebene, aber es ist anders als es in Richtung Mantua war. Irgendwie freundlicher und nicht so verfallen die Höfe, die man verstreut zwischen den Feldern sieht. Fast alle Felder sind schon abgeerntet, ein mir nicht bekanntes Getreide? Scheint noch nicht erntereif zu sein, aber was weiß ich schon von Agrarwirtschaft ;-) Auf den Feldern sind die Bauern mit ihren Traktoren unterwegs, sie pflügen, eggen und düngen ihre Äcker, man kann es weithin riechen. Gegen Mittag mache ich in einem kleinen Ort Rast und esse den Pecorino Käse, den ich seit Bologna mitführe, und der auch schon riecht, ich hoffe er ist noch gut. Gut tut mir jedenfalls die Pause, denn so ab 50 Kilometer macht sich immer mein persönlicher Po schmerzhaft bemerkbar, da muss ich aus dem Sattel. In meiner Trinkflasche, die auch eine Thermoflasche ist, befindet sich noch Tee, auch seit Bologna. Er ist noch lauwarm und schmeckt gar nicht schlecht. Sollte mir morgen schlecht sein, weiß ich wenigstens, wovon ;-) Mein weiterer Weg führt mich in den Ort Sant´ Elena, das erinnert mich an meine Tochter Helena und mein Mäderl Mila, die mir schon abgeht, ich werde sie heute anrufen, wenn ich im Hotel bin. Vor mir tauchen dann einige Hügel und Berge auf, muss ich da drüber? Nach Kontrolle des Höhenprofils sehe ich, dass es bis zum Ziel keine nennenswerte Steigung gibt, also heute nicht. Auf einem dieser Berge thront eine alte Festung, ich erreiche den Ort Monselice, der am Fuße dieses Berges liegt. Auch hier das gleiche Bild, ein altes Zentrum mit Aufgang zu dieser alten Festung, ein zentraler Platz mit einigen Bars und Cafes, alles sehr relaxed, Urlaubsfeeling. Hier gönne ich mir ein Eis, dabei wird mir bewusst, dass es während dieser Tour gar nicht mehr so viele Gelegenheiten geben wird, gutes italienisches Eis zu genießen. Mit jeder Etappe komme ich der österreichischen Grenze näher, ein seltsames Gefühl überkommt mich dabei, wenn ich daran denke. Zum einen freue ich mich sehr auf Daheim, auf Riki, meine Familie und meine Freunde, zugleich macht es mich ein wenig schwermütig, wenn ich an das Ende denke. Aber noch liegen ja mindestens vierzehn Tage vor mir, und nach der Tour ist vor der Tour!! :-)) Die letzten zwölf Kilometer zwischen Monselice und meinem Hotel verlaufen auf einem Damm neben einem Kanal. Der Radweg ist vom Feinsten, glatt und breit genug für beide Fahrtrichtungen, es könnte so schön sein, da zu radeln. Ist es aber nicht, der Kanal ist stehendes, riechendes Brackwasser, eine Bewegung des Wassers erfolgt wohl nur geringfügig bei Ebbe und Flut. Der ideale Lebensraum für alle Arten von Mücken und Gelsen :-( Schwärme von Mücken prasseln auf mich ein, mein Bandana habe ich über die Ohren und bis über die Augen heruntergezogen, den Schal über den Mund und die Brille fest angedrückt. Mein Oberkörper und die Arme sind übersät von Mücken, zum Glück keine Gelsen. Eine wahre Plage! Beim Hotel angekommen checke ich erst ein und bringe alles ins Zimmer. Dann fahre ich nochmals los auf der Suche nach einem Supermarkt, denn das Restaurant öffnet erst um 19:30, mir zu spät zum Essen. Ich erreiche fast schon Padua, bis ich den ersten Supermarkt finde. Damit habe ich es heute auf knapp neunzig Kilometer gebracht, not bad :-)
Das Hotel hat einen Pool mit einem schönen Garten, da gönne ich mir nach dem Duschen ein kühles Soda-Bier, nach Schwimmen ist mir heute nicht. Dann ziehen doch noch Wolken auf, mittlerweile entlädt sich gerade ein heftiges Gewitter. Auf dass es morgen wieder schönes Wetter gibt :-)